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Cookies und die gezielte Werbung im Netz

© Depositphotos.com / ivonnewierink
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Frau Möller steht gerade in der Mitte eines Ladens und sieht sich eine schicke, dunkelrote Tasche an. Vorher hat sie sich einen roten Nagellack und schwarze Strumpfhose gekauft. Während Sie sorgenfrei die kleine Tasche von allen Seiten anschaut, sitzt der Verkäufer ein paar Meter weiter in einem geschlossenen Zimmer und beobachtet Frau Möllers Bewegungen auf seinem kleinen, schwarz-weißen Bildschirm. Er Erkannte sie sofort beim Hineingehen, zog ihre Akten aus dem Schrank und notiert jetzt fleißig geistreiche Bemerkungen bezüglich Frau Möllers Verhalten. Sie war schon mehrmals in seinem Laden, daher hat er in seinem Schrank unter ihrem Namen bereits einen ganz dicken Bogen von Notizen gesammelt. Er wusste, sie wird heute kommen, um sich den Nagellack zu holen.Den hat sie sich schon gestern ganz genau angesehen. So macht sie immer, wen ihr etwas gefehlt. Und dann kommt sie häufigst am nächsten Tag, um es zu kaufen. Ganz wie Frau Schneider und Frau Mayer. Ihre Akten lagen nicht ohne Grund auf demselben Brett wie die von Frau Möller. Alle drei Frauen waren im ähnlichen Alter, hatten ähnlichen Geschmack und ähnliche Einkaufsgewohnheiten. Sowohl Frau Schneider wie Frau Mayer haben sich überdies in letzter Zeit eine Tasche gekauft. Genau derselbe Model befindet sich jetzt in Frau Möllers Händen. So ein Zufall. Der Verkäufer lacht leise und lehnt sich zufrieden auf seinem Stuhl. Eigentlich wollte Frau Möller heute keine Tasche kaufen. Als sie aber mit dem Nagellack Richtung Kasse ging, ist sie förmlich in die Taschenausstellung hineingefallen. Was für ein Idiot baut eine Ausstellung in der Mitte des Durchgangs, murmelte sie. Die Tasche, die ihr bei dem Zusammenstoß praktisch selbst in die Hände gelang, fand sie aber wirklich Schick. Genau solche hatte sie sich schon vor einiger Zeit ausgeträumt, in diesem Monat wollte sie aber etwas sparen. Jetzt aber, wenn sie die Tasche vor sich hat … Und zwar im Sonderangebot. Vielleicht wäre es doch klüger jetzt die Tasche zu kaufen, wo sie im Ausverkauf ist … Der Verkäufer braucht sie gar nicht mehr anzuschauen. Er weiß, sie wird die Tasche kaufen. Solche „Zufälle“ passieren in seinem Laden jeden Tag.

Würden die Methoden des fiktiven Verkäufers an die Öffentlichkeit gehen, gäbe es höchstwahrscheinlich einen großen Skandal. Was aber in realer Welt nicht undenkbar wäre, ist im Netz schon längst Normalität geworden. Bei jedem Internet Besuch werden auf den Rechner eines potenziellen Kunden ganz kleine Dateipakete, sogenannte Cookies heruntergeladen, die Informationen über seinem Verhalten im Netz beinhalten. Die Cookies werden auf der Festplatte des Computers gespeichert, so, dass sie auch nach dem Aus- und wieder Einschalten des Rechners immer noch zu erkennen sind. So entsteht bei jedem Besuch im Netz ein immer genaueres Bild des Benutzers. Dieses wird dann von speziellen Programmen interpretiert und mit dem Verhalten anderer Kunden verglichen. Auf diese Weise können die Werbespezialisten mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit vorsagen, was dieser oder jener Internetbenutzer in nächster Zukunft kaufen wollen wird. Dann reicht es nur eine Werbung dieses Produktes in der Suchmaschine oder auf irgendwelcher gerade besuchten Seite einzublenden, um den mit diesem glücklichen Zufall ermunterten Kunden auf seine Webseite einzulockern.

Nehmen wir an, einem taucht zum dritten Mal an einem Tag ein Akquisitor vor der Nase auf, sperrt den Durchgang ein und zeigt ihm schon wieder genau diese Produkte, für die sich der Kunde vorher interessiert hat. Wer Angesicht solches Verhalten nichts unternimmt, muss entweder stumpfsinnig oder extrem leichtgläubig sein. Oder hat er kein Problem damit, spioniert zu werden und empfindet diesen Mann als eine praktische Einkaufsberatung. Was übrigens sein gutes Recht ist. Die gezielte Werbung kann für Manchen tatsächlich eine nützliche Einkaufshilfe sein. Die Frage lautet aber: Wieso bieten es die Konzerne nicht als eine optionelle Dienstleistung an, wenn es doch so günstig für die Kunden sein soll? Anscheinend haben aber die Firmen gemerkt, es lohne sich außer den Freiwilligen auch die Stumpfsinnigen, die Ahnungslosen und die, die einfach keine Zeit haben sich damit zu beschäftigen, ins Spiel zu nehmen.

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